top of page

Das Leben als Mensch - #1 - D

Oct 10

14 min read

0

1

0

Created with Wix AI Tool
Created with Wix AI Tool

Vorwort

Mit keinem anderen wuerde ich anfangen wollen als mit D!

Nachdem meine Mutter mit mir nach Nord-Deutschland gezogen ist, wurde sie schnell befreundet mit D und seiner Frau, K und ueber die Jahre waren sie Teil unserer Familie, mehr oder weniger bis zum Tod von K.

Meine fruehesten Erinnerungen an D sind davon wie ich unter ihrem Tisch in T geschlafen habe, seine Modellbahn anlage (natuerlich H0!) und gemeinsame Urlaube am Selenter See. Ueber die knapp 25 Jahre die wir uns kannten sind durchaus noch weitere Erinnerungen zusammen gekommen bis hin zum Ender der Beziehung mit dem Tod von K. Doch, wie wohl bei vielen Menschen die in meinem Kopf bereits Teil dieser Serie sind, traf ich D zu einem Punkt als er den Hauptteil seines Lebens bereits gelabt hatte und viel was ich ueber ihn schreiben will fand in seiner Jugend und in seinen 20ern und 30ern statt. Mit seinem Leben und dem was er mir davon ueber die Jahre berichtet hat, ist er auch eine der urspruenglichen Inspirationen dieser Serie gewesen.


Vorherige Familiengeschichte

Ob es Vaeterlicher oder Muetterlicher-Seits ist (oder gar von beiden) ist mir nicht mehr bekannt und die Zeit in der ich mit diesen Zweifeln aufraeumen koennte ist nun bereits vorbei, aber auf jeden Fall lieg der Ursprung seiner naeheren Familiengeschichte in Ostpreussen im Ende des 2ten Weltkrieges als diese mit ihrem Hab und Gut dem Einmarsch der Russen flohen und sich in L, naehe der Eider niederliessen. Wie sich dann die Eltern von D trafen ist mir nicht bekannt. Genau so wenig wie diese sich verliebten (?) und schliesslich einen Sohn bekamen.


Kindheit und Jugend in L. und erster Kontakt zu der Gruppe T.

Das Leben von D faengt durch die Erzaehlungen von ihm selbst und dadurch in meinen Erinnerungen erst mit dem an, was er von sich selbst aus L noch weiss und mir ueber die Jahre ueberliefert hat. Daher faengt die eigentliche Ueberlieferung irgendwann in den 50ern bzw fruehen 60er Jahren in L an der Eider an. Die ersten Jahre aus seiner Kindheit und jugend waren fuer die Familie mit viel Glueck gesegnet. Der Vater, ein reisender Moebelverkaeufer, konnte die finanzielle Lage der familie staetig verbessern, und muss sich in dieser Zeit von einem Motorrad zu damals relativ guten Autos hochgearbeitet haben. Ausserdem, war genug Geld dort um ein grosses Familienhaus zu bauen mitsamt einem Anbau im Garten zur Untervermietung. Trotzdem fand sich im Garten natuerlich das obligatorische Gemuese und Kartoffelbeet von dem mir D mehr als einmal erzaehlt hat und welches, zusammen mit der Vermietung des Anbaus, auch in schlechteren Zeiten fuer die Familie gesorgt hat. Diese Zeiten sollten sich auch spaeter relativ stark ankuenden und das Schicksal der Familie recht dramatisch aendern sowie D wohl auch noch laenger entweder mental oder auch genetisch begleiten. Doch dazu spaeter mehr.


Aus dieser Zeit des Lebens des jungen D sind mir leider auch nicht alle Dinge in Erinnerung geblieben. Was uebertragen wurden konnte ist schon frueh ein Hang zur Musik. D lernte Gitarre spielen und, zusammen mit Freunden, gruendete er sogar eine lokale Radio-Station in der knapp 1.500-2.000 Einwohner kleinen Stadt L. Dadurch wurde frueh die Musik ein ausschlaggebender Teil seines Lebens, die auch spaeter noch irgendwie Teil seiner Aura war. Abgesehen davon, wie damals ueblich, gab es frueh eine Affinitaet fuer motorbetriebene Fahrzeuge, erst mit den damals ueblichen Kleinkfraftraedern und spaeter sollten dann auch einige Autos hinzukommen.

Es waren aber diese kleinen motorisierten Zweiraeder die fuer D damals dafuer sorgen sollten, dass sich sein Kreis erweiterte und er dadurch auch spaeter in den Kontakt meiner Mutter kommen sollte.


Historisch, haben L (als Teil von Dithmarschen) und T, die zwei Staedte an den gegenueberliegenden Seiten der Eider, eine lange Rivalitaet die wohl mindestens auf die Zeit zurueckgeht als der Fluss die Grenze zwischen Holstein und Schleswig war und vielleicht sogar noch laenger!

Es gibt mehrere uebertragene Konflikte zwischen den beiden in denen die einen die anderen in irgendeiner Form bedroht oder angegriffen haben. Fuer mich der erwenenswerteste um 1402 als T. von den Dithmarschern niedergebrannt wurde als Reaktion darauf, dass die Toenninger Frauen aus dem Nachbargebiet entfuehrt hatten und diese in der hiessigen Kirche eingesperrt hatten.


Trotz dieser Geschichte, die wohl im 20ten Jahrhundert nur noch eine humorvolle Faede zwischen der beiden Seiten der Eider sein sollte, kam D relativ frueh schon rueber nach Toenning um dort z.B. ins Kino zu gehen oder auch in die lokale Disko. Urspruenglich noch den Umweg ueber Friedrichstadt aber mit 1972/1973 dann direkt ueber die neugebaute Eiderbruecke. Zu diesem Punkt noch unbekannt zu D, sollte dies seine spaetere Wahlheimat werden.

In Toenning, besonders in der Disko - dem MikMak, sollte D dann relativ schnell mit der hiessigen Gruppe gleichaltriger in Kontakt kommen. Hier waren wohl mindestens ein anderer D, B, N und noch mehrere, mir unbekannte, Leute. Am ehesten kann man sich diese Gruppe wohl wie eine uebliche junge Maenner / Teenager Gruppe aus den 60ern und 70ern vorstellen, mit Ihren kleinen Motorraedern, Lederklamotten und in einer Zeit in der Korn, Zigaretten und die Lokalitaet das Leben noch mehr diktierten. Natuerlich, in ihren Erzaehlungen immer sehr cool und mit allen Wassern gewaschen - aber so erinnert sich wohl jeder an seine Jugend!

Auf jeden Fall wurde diese Gruppe schnell sehr gut befreundet und sollte auch ueber Jahre hinweg noch ihre Leben teilen. Irgendwie hier muss D auch einen anderen D aus Garding kennengelernt haben und K, die seine spaetere Frau werden sollte - dies ist zu diesem Zeitpunkt aber noch weit in der Zukunft und D musste erst tragisch sein erstes Leben beenden um dann spaeter ein neues Leben zu beginnen.

Zu dieser Zeit, d.h. zwischen der Kindheit und den 20ern von D sollte aber ein anderes Schicksal die Famile sehr erschuettern. Sein Vater, der wohl Probleme mit Depression hatte sollte sich schlussendlich das leben nehmen, wie bereits vorher erwaehnt, nicht nur das Leben von D und seiner Mutter aendern, sondern D auch fuer sein Leben lang, verstaendlicherweise, belasten, auch dazu mehr spaeter.


Ausbildung und leben in der "Hauptstadt"

In diesem Teil der Geschichte vermischen sich die Geschehnisse in meiner Erinnerung leider etwas. Ich weiss, dass D in dieser Zeit (seinen 20ern) wohl sowohl einen in der Landeshauptstadt Kiel in einer WG gewohnt hat, in dieser Zeit hat er dann fuer einen Geldtransporter gearbeitet und wurde dort wohl auch mindestens einmal ueberfallen und schliesslich angeschossen. Dies ist etwas was D. eher beilaeufig in Erzaehlungen ueber seine Zeit in Kiel erwaehnte, viel wichtiger schien im seine Erfahrung in der WG, mit der Dusche im Treppenhaus und im selben Haus mit der damaligen STammkneipe. Irgendwann in dieser Zeit, ob davor oder danach ist mir leider nicht mehr bewusst, muss D auch in Dithmarschen gewohnt haben und dort bei der Landeszeitung eine Ausbildung zum Drucker und Setzer abgeschlossen haben, wie sich spaeter rausstellen sollte, eine Ausbildung die dem Zukunftswandel unterfallen wuerde. Zu meinem Wissen, hat er dort auch einige Jahre gearbeitet.

Die Reihenfolge dieser Ereignisse ist eher nebensaechlich, was ich viel eher aus dieser Zeit in Erinnerung habe ist wie D mir von seinen jungen erwachsenen Jahren erzahelt hat und wie diese mir gleichzeitig sehr normal und mundan aber auch gleichzeitig unglaublich interessant und einzigartig vorkamen - ich glaube hierdurch hat sich das erste mal die Idee zu dieser Serie geformt (wie auch in der Introduktion geschrieben). Zurueck zur D und die Zeit seiter wilden 20er - D muss auch weiter die Toenninger Freundschaften gepflegt haben. In Erzaehlungen von allen aus dieser Zeit spiegeln sich meistens die selben Personen wieder. Viel hat sich zu dieser Zeit noch um Fahrzeuge, besonders Motorraeder gedreht - Sandbahnrennen, Assen GP, Teilemaerkte, Turen mit dem Motorrad oder Auto und natuerlich viele, viele Ausfaelle und Pannen, all das praegte wohl das Leben dieser jungen Maenner sehr und war auch in ihrem alter immernoch irgendwie eine Erinnerung an eine bessere Zeit - eine art Anker, auf die sie Melancholisch zurueckschauten. D selbst war wohl (genau wie ich) eher emotional statt intelligent bei der Entscheidung welches Fahrzeug er haben wollte - so wurde er in der Gruppe bekannt als jemand der unverlaesslichen Horex Motorraeder sowie noch weniger verlaesslichen Alfa Romeo Autos erlegen war. Gleichzeitig wurde D von seinen Freunden auch spaeter immer als jemand geschildert den man nicht zu ernst nehmen sollte - und selbst auch D verfolgte diese Philosophie selbst bis spaet in sein Leben noch - dass man das Leben nicht zu Ernst nehmen solle. Auch durch seine vorherige Erzaehlungen und dem was diese Gruppe erzaehlte und wie er sich vor Ihnen benehmte, so wirkte er immer etwas wie eine Frohnatur und ein bisschen als der Pausenklown. Irgendwann in dieser Zeit muss D auch in Toenning R kennengelernt haben, wann genau oder wie, ist mir nicht mehr bekannt, soll auch hier nicht weiter wichtig sein, wird aber fuer die spaetere Verstrickung der Ereignisse ausschlaggebend sein.

Leben in England und persoenliche Tragoedie

Der naechste Teil seines Lebens (schluss 20er oder 30er?) ist der Abschnitt aus dem mir am wenigsten bekannt ist. Hierueber weiss ich nur ueber widererzaehlungen von meiner Mutter oder von Randbemerkungen und daher kann sich hier viel dazu gedichtet haben. Was mir in Erinnung geblieben ist, ist dass D irgendwann in seiner Zeit wohl einer Frau aus England verfallen sein muss. Ueber diese Beziehung weiss ich eigentlich gar nichts. Sie muessen sich wohl irgendwie in Deutschland getroffen haben doch zu irgendeiner Zeit wollte Sie wohl zurueck nach England, wohin D nach meinen Ueberfuehrungen auch mit hingezogen ist. Es scheint eine glueckliche Beziehung gewesen zu sein, obwohl so wohl alle Beziehungen die man nur aus persoenlichen Geschichten kennt wirken. Leider ist mir auch nicht bekannt wie lange die beiden in England gelebt haben - zu dieser Zeit muss D aber wohl auch relativ gut Englisch gesprochen haben und mit seiner Jugend als Frohnatur, Spassmacher und natuerlich Fan von Baren und Bieren, kann ich mir gut vorstellen, dass das England der 80er oder 90er ihm gut gefallen haben muss. Wie bereits geschrieben, hat D mit mir nicht viel ueber diese Zeit gesprochen aber in meiner Vorstellung war D in England wohl gluecklich obwohl ich mir vorstellen kann, dass ihm die Norddeutsche Heimat und Freundschaften gefehlt haben. Das D wieder zurueck in diese ziehen sollte und auch der Grund dafuer, dass er mir selbst nie von dieser Periode seines Lebens erzaehlt hat, sollte aber ein anderer sein - laut meinen Erzaehlungen, muss die Frau (ob sie "nur" zusammen oder verheiratet waren ist mir auch unbekannt) in dieser Zeit des gemeinsamen Lebens Schwanger geworden sein - ob dies ein Unfall oder geplant war, ist mir genauso unbekannt. Allerdings, sollte D hier seinen naechsten Schicksalsschlag bekommen - das Kind sollte die Schwangerschaft oder Geburt nicht ueberleben. Laut meiner Theorie, sollte die Beziehung der beiden dies nicht ueberlebt haben, D daraufhin wieder nach Norddeutschland gestossen haben und, so meine Vermutung, bei D auch eine weitere dauerhafte seelische Nabe hinterlassen.


Wiedergeburt - K und 2te Ausbildung

In dieser Zeit, ich nehme an es waren die 30er von D, sah er sich dadurch gezwungen sein Leben in Norddeutschland wieder aufzunehmen. Wo sonst als in T wuerde er sich niederlassen? Zu dieser Zeit muss er als Drucker und Setzer in einer ikonischen T'er kleinen Firma gearbeitet haben (welche eher ikonisch durch semi-professionalitaet und komische Besitzer ist) und dort auch seinen Freund, H. kennengelernt haben der ihn als einziger ins spaete Leben begleiten sollte. Ausserdem muss er wohl auch nahtlos den Anschluss an seine fruehere Gruppe wieder gefunden haben, da sich hier auch deren Erzaehlungen weiter fortsetzen. Auch wenn dies im niedergeschriebenen nahtlos von dem einen ins andere uebergeht, muss man sich in Erinnerung rufen, dass mehrere Jahre vergehen mussten in denen D warscheinlich fuer sich selbst trauerte und aber gleichzeitig ein normales Leben fuehrte. Innerhalb dieser Jahre muss er irgendwann mit der K angebaendelt haben und sich auch mit R weiter befreundet haben. Ueber Zeit muessen seine Wunden geheilt oder bzw etwas in den Hintergrund geraten sein, denn aus spaeteren Ueberfuehrungn von D selbst ist mir in Erinnerung geblieben wie gluecklich er wirkte wenn er von dieser Zeit erzaehlte - sehr mit dem Eindruck einer Renaissance. D und K scheinen in dieser Zeit zumindest auch gute Erinnerungen geschaffen zu haben, mit Urlauben in England und am Campingplatz am Selenter See, der weiteren Freundschaft mit seiner Gruppe und der Passion fuer Fahrzeuge und spaeter auch mit einer 2ten Ausbildung, diesmal zum Krankenpfleger und der spaetern Arbeit. Irgendwann in dieser Zeit muss D auch meine Mutter getroffen haben, ob es durch R war (der zum spaetere Zeitpunkt der zwischenzeitliche Ehemann meiner Mutter sein sollte) oder schon vorher, ist mir auch nicht mehr bewusst. Allerdings muessen diese Jahre (90er und fruehe 00er) generell eine gute Zeit fuer D gewesen sein. Er entdeckte andere Hobbies - Flohmaerkte, die Musikantenboerse oder seine Modellbahn. Hier wurden sowohl er als seine Frau, K. dann auch sehr gut mit meiner Mutter befreundet und so sollten in dieser Zeit die Erinnerungen die ich vorher bereits geschildert habe entstehen. Dadurch hat sich bei mir der Eindruck gefaestigt, dass dies in der Tat eine glueckliche Zeit in dessen Leben sein sollte. Symbolisch dafuer ist auch, dass in dieser Zeit sowohl er als auch seine Frau noch viel mit uns, mit der anderen Gruppe und generell aktiv war. Ausserdem, war zu dieser Zeit eine weitere Periode in der er sehr in die Rolle als lustigmacher und Frohnatur eintauchen konnte. Dieser Abschnitt der relativen Gluecklichkeit und Konsistenz muss irgendwann bis in die 2000er oder sogar die 2010er weitergangen sein. In dieser Zeit zogen D und K auch irgendwann in das selbe Dorf wie wir und die Beziehung sollte dadurch noch enger werden. Trotzdem muessen hier ueber diese Zeit irgendwie die Schatten-Stimmen in D langsam hervorgedrungen sein und Stueckweise fruehere Narben aufgerissen haben.


Aufgeben

Nun Lebend im gemeinsamen Dorf, D und K bekamen ein noch groesserer Teil meines Lebens. Bis ich fuer das Gymnasium umzog, waren die beiden wie meine Mutter, Teil meiner Familie und unser Leben war sehr miteinander vermischt. Daher, auch wenn der Prozess sich ueber Jahre strecken sollte und daher relativ langsam voranging, so war es doch spaeter offensichtlich, dass D hier Schrittweise den SChatten-Stimmen erlag und, dass er irgendwann die aufgerissenen fruehern Narben nicht mehr beiseite Stossen konnten. In meiner Erinnerung gab D hier irgendwann einfach auf zu Leben, natuerlich geschieh dies erst nachdem er nicht mehr arbeiten konnte und sich seine Soziale Beteiligung als auch Umfelder stark limitiert haben. Ueber Zeit sollte sein taegliches high-light eine Runde zum Supermarkt in T werden und abgesehen davon, verbrachte er die Zeit auf dem Sofa vor dem Fernseher, rauchend. Motorrad und Autos sollten ihn nicht mehr richtig interessieren und er versinkte irgendwie in eine Stabilitaet dessen was minimal noch etwas mit dem als Menschliches "sein" zu tun hat. Zur Teil der Realitaet gehoert allerdings auch, dass immer mal wieder unterbewusste Versuchungen seiner Seite ans Tageslicht kamen um irgendwie doch noch die Kurve zu kriegen und das Leben doch noch zu geniessen - so zum Beispiel als er eine Zeit lang Modell-Bau betrieb oder als er sich mein erstes Motorrad kaufte mit den Wuenschen fruehere Gluecksmomente wieder zu erleben - doch schlussendlich sollten alle diese Versuche verebben und ins leere laufen nur um wieder damit zu enden, dass er recht depressive aufgab. Fuer viele dieser Jahre, war er der beiden mein Sorgenkind, K hatte aus ihrem Leben recht viel gemacht und hatte hier ueber viele Jahre auch wenigstens noch eine Beschaeftigung, bei D kamen immer mal wieder dunkle Momente und auch Gedanken an Selbstmord waren ganz klar ein Teil seiner Welt. Ausserdem hatte sein Koerper wohl irgendwie auch aufgegeben - stark uebergewichtig durch einen schlechten Lebensstil, Jahre des Alkohol- und Tabakkonsums, die mentale Tristesse, all dies war auch an seinem Koerper leicht zu erkennen und er sah schon in den spaeten 50ern aus wie andere Leute in den 80ern und musste auch 3 mal die Woche zur Dialyse.

Trotzdem sollte das Leben auch hier wieder irgendwie seinen schlechten Humor beweisen - auf einmal war es K die krank wurde - lange Zeit war es nicht moeglich fuer Aerzte herauszufinden was ihr fehlte und so zerfiel ihr Koerper sehr schnell von einer laendlich-"sturdy" Frau um die 80KG auf irgendwas under 40kg zusammen. Gleichzeitig war sie mental extremst verzoegert und die kleinsten Dinge strengten sie an. So aenderte sich das Leben von D natuerlich schlagartig, auf einmal war K, diejenige die sich vorher immer um den Haushalt und irgendwie auch um D gekuemmert hat, jetzt diejenige die seine Pflege und Fuersorge benoetigte. Leider war D an diesem Punkt bereits an einer Stelle an der er, trotz vorheriger Arbeit als Altenpfleger, all diesem nicht mehr gewachsen war. Viel ist mir aus dieser Zeit nicht aus erster Hand bekannt da ich zu diesem Zeitpunkt bereits mein eigenes Erwachsen-Leben im Ausland fuehren sollte, aber mein Eindruck ist, dass zu dieser Zeit das Haus von D und K zu einer Heimat der Dunkelheit und Ungluecklichkeit mutierte. Die Wunden die bei D ueber Jahre langsam sein Bewusstsein uebernommen hatten wurden durch diese Situation derer er sich nicht gewachsen sah auf einmal sehr stark externalisiert und kamen als Frustration raus, was wohl am meisten an seiner Frau K ausgelassen wurde, da sie grossteils dort alleine war. Gleichzeitig, war zu diesem Zeitpunkt K schon ueber Jahre die beste Freundin meiner Mutter geworden, die sich als eine der wenigen nicht von den beiden Abwand und stattdessen in einer Zeit in der es ihr selbst nicht gut ging, trotzdem viel Zeit mit K verbrachte, ihr versuchte Mut zu geben zu gehen, sie taeglisch wusch, sich um ihre Medikamente kuemmerte und ohne die K von D warscheinlich einfach im Bett gelassen wurden waere. In dieser Zeit war ich nur sporadisch zu Besuch bei den beiden, aber versuchte doch, wenn ich in Norddeutschland war, sowohl D als auch K zu besuchen. Daher konnte ich in diesen kurzen Momenten schon recht schlecht mitbekommen wie tief der Abgrund in D inzwischen gewurden war. Gleichzeitig merkte ich auch an den Narben die die Art und Weise wie D K behandelte an meiner Mutter hinterliess, wie die Situation war. Diese beiden Dinge gingen auch an mir irgendwie nicht spurlos vorbei und so distanzierte sich damals schon die Beziehung zu D und, hauptsaechlich natuerlich meine Mutter, aber auch ich wenn ich dort mal war, besuchten wir die beiden nur noch weil wir an K gebunden waren. Die Emanzipation von D war an diesem Moment eigentlich schon relativ vortgeschritten - obwohl, eigentlich war es keine Emanzipation, sondern eher einfach ein weg-gestossen werden dadurch, dass er Schrittweise immer weniger und weniger am Leben teilnahm. Der vorletzte Nagel im Sarg unserer Beziehung sollte dann eben die genannte mangelnde Sympathie an seiner Frau sein in ihrer staettigen Annaeherung an den Tod sein. Der letzte Nagel sollte dann tatsaechlich mit dem Tod seiner Frau kommen. Irgendwie gluecklicherweise, war ich zu der Zeit gerade in Norddeutschland, so konnte ich mit meiner Mutter dann K im Krankenhaus besuchen als es, wie sich relativ schnell zeigen sollte, zu Ende gehen sollte. An dem Tag an dem wir sie besuchten, sollte D sich entscheiden ob bei K die Lebens-entscheidenden Massnahmen abgestellt werden sollten. Auch wenn es hier noch weitere Quellen der Traurigkeit gibt, werde ich darauf jetzt nicht eingehen, schlussendlich entschied sich D dann, diese Massnahmen einzustellen, was, so glauben wir alle, auch im Interesse seiner Frau war.

So sollte dann am uebernaechsten Tag alles eingestellt werden und irgendwann ueber diese Nacht, so war die Erwartung, wuerde K wohl einschlafen. Wir fuhren alle zu 3t ins Krankenhaus um uns von ihr zu verabschieden und ich bin froh, dass ich dazu hier die Moeglichkeit hatte die mir bei meinem Opa untersagt wurde und der letzte Eindruck im Gesicht von K in dem fuer mich ganz klar war, dass sie auch von uns in dem Moment Abschied nehmen konnte, auch wenn sie weder richtig reagieren noch etwas sagen konnte, bestaetigt mich darin. Sowohl meiner Mutter als auch mir hat dieser Moment viel bedeutet, doch bei D wirkte all dies irgendwie eher wie eine Pflicht, eine Maske die er aufsetzte und sowohl in K wirkte auch die Resonanz so als haette die vorherige Zeit der Dunkelheit irreperable Schaeden in Ihrer BEziehung hinterlassen. Schlussendlich war D dann auch der Erste der den Saal verliess waehrend meine Mutter und ich noch lange mit K zusammenblieben einfach um noch die letzten Minuten Zusammen zu verbringen und die letzten Dinge irgendwie noch zu sagen, weil es einfach zu doll weh tut wenn man sich hinterher fuehlt als haette man Sachen nicht ausgesprochen. So verabschiedete meine Mutter sich von Ihrer besten Freundin, ich mich von einer "Tante" und D war draussen irgendwo eine Rauchen.

Wir fuhren dann noch zusammen zurueck in unser Dorf und liessen D zu Hause raus. Als er die Tuer zum Auto schloss, schloss sich irgendwie dann auch unser Kapitel. Meine Mutter hatte ueber Monate wohl schon mit ihm abgeschlossen und war nur noch fuer K dort und ich merkte erst ueber das verinnerlichen meiner Gefuehlte, Gespraeche mit meiner Mutter und anderen Bekannten, wie wohl auch fuer mich die Beziehung zu Ende ging.


Schlussworte

Ueber Jahre war D einer der wichtigsten Teile meines Lebens und der Familie. Er war meine Inspiration und ich habe auch heute noch die Narrenkappe, eine Requisite aus dem Kieler Theater, die mir D geschenkt hat, mit einer Botschaft die ich auch heute noch bei mir trage - nehme das Leben nicht zu ernst! Er hat zweifelhaft zu der Person die ich heute bin beigetragen und meine Sympathie ist mit ihm. Zweifellos hat er ein inspirierendes Leben gehabt, hat sowohl mehr impossante Dinge erlebt als ich und gleichzeitig Dunkelheiten erlebt die meinem Vorstellungsvermoegen weit uebersteigen, und trotzdem ist er wieder aufgestanden. Genau so wie den anderen Personen aus dieser Serie, so haette ich ihn gerne bereits in seinem ersten Leben begleitet und die Person aus den Erzaehlungen getroffen. Gleichzeitig ist es traurig, dass die Beziehung schlussendlich zu Ende ging. Dies kann man wohl auch an mir kritisieren, aber viele Dinge, so wie z.B. sein Schrittweises aufgeben, sind mir erst Jahre spaeter klar geworden. Vielleicht haetten wir alle als Freunde mehr fuer in da sein sollen, vielleicht haetten wir es abwenden koennen. Vielleicht haette er sich auch ohne uns alle schon viel eher in den Abgrund gegeben. Was ich weiss, ist, dass die gute Zeit sowohl fuer ihn als auch fuer uns ein wichtiger Teil des Lebens war und wir einander viel bedeutet haben.

Related Posts

Comments

Share Your ThoughtsBe the first to write a comment.
bottom of page